
Die Lage der deutschen Industrie spitzt sich dramatisch zu. Zulieferer kämpfen ums Überleben, Produktionsverlagerungen nehmen zu, selbst große Unternehmen wie Bosch stehen vor betriebsbedingten Kündigungen. Der „Südkurier“ bringt es in seiner heutigen Ausgabe (26.11.2025, Seite 7) auf den Punkt:
„Die Leute sind wütend auf die Tatenlosigkeit der Politik.“
Der Satz von Barbara Resch, Landeschefin der IG Metall Baden-Württemberg, beschreibt ein tiefer liegendes Problem: Die Energiepolitik der letzten 15 Jahre hat den industriellen Kern unseres Landes massiv geschwächt.
Resch kritisierte vor dem Bosch-Werk in Feuerbach, dass Zulieferer trotz großer Investitionen in die Transformation zunehmend in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Besonders bemerkenswert ist ihre Aussage:
Selbst wenn die Kolleginnen und Kollegen „ohne Lohn arbeiten würden“, könnten sie gegenüber asiatischen Standorten nicht konkurrieren (tun sie natürlich nicht – im Gegenteil, dank der IG Metall sind die Lohnkosten in der Industrie auch weit überdurchschnittlich im nationalen Vergleich, z.B. im Vergleich zum Handwerk und auch im internationalen Vergleich).
Die Gründe sind klar:
➡️ Energie ist in Deutschland extrem teuer.
➡️ In Asien – z.B. in China oder auch Thailand ist Energie deutlich günstiger.
➡️ Zudem subventionieren diese Staaten zentrale Rohstoffe wie Kunststoffe.
Nach Aussagen von Betriebsräten liegen die Preisunterschiede im Endprodukt bei 20 bis 30 Prozent. Diese Schere frisst jede Wettbewerbsfähigkeit auf.
Die Energiepolitik der vergangenen 15 Jahre hat Deutschlands Wettbewerbsposition massiv verschlechtert.
Die Abschaltung voll abgeschriebener Kernkraftwerke, die Strom für rund 1 Cent/kWh erzeugten, und der Aufbau einer völlig neuen Energieinfrastruktur – mit zigtausenden Einspeisern, deren Produktion witterungsbedingt schwankt – machten gewaltige Investitionen notwendig: in Netze, Speicher, Trafostationen und intelligente Steuerungssysteme.
Der Energiemix aus
führt dazu, dass energieintensive Produkte aus Deutschland im internationalen Vergleich – insbesondere zu China – zu teuer werden.
Nicht nur die Grünen, die die Energiepolitik der vergangenen 25 Jahre maßgeblich geprägt haben, tragen Verantwortung. Auch CDU, SPD und Teile der FDP haben energiepolitische Fehlentscheidungen unterstützt oder nicht verhindert.
Angela Merkel setzte eine Ethikkommission ein, in der hauptsächlich Geisteswissenschaftler und Kirchenvertreter über die Zukunft der Kernkraft entscheiden sollten – keine Energieexperten, Ingenieure oder Volkswirte. Das Ergebnis war absehbar, aber für ein Industrieland fatal.
Ein breiter Aufschrei blieb aus, weil sich kaum jemand traute sich dem damaligen Mainstream oder der Position der überwiegend grün geprägten öffentlich-rechtlichen Medien entgegenzustellen.
Kritiker der Energiewende wurden häufig ignoriert, angegriffen oder ausgegrenzt.
Beispiele:
Viele Experten hatten schlicht Angst vor Shitstorms. So entstand ein künstlicher Konsens – der uns heute teuer zu stehen kommt.
Das ISE Frauenhofer Institut spielt, aus meiner Sicht, eine sehr unrühmliche Rolle, weil es, möglicherweise aus Eigeninteresse, bzw. weil sich im Institut für Solare Energie viele Anhänger erneuerbarer Energien zusammengefunden haben, die Kosten der Energiewende stets verniedlichte und z.B. die Kosten stets für eine produzierte kWh aus verschiedenen Energiequellen verglich und nicht die Systemkosten, die nötig sind, für ein System das aus volatilen, nicht steuerbaren erneuerbaren Energien entstehen, inklusive Stromnetze, Backup-Lösungen und Speicherung mit einem System, das auf relativ wenigen großen Versorgern von zentralen Großkraftwerken besteht, das sehr viel leichter zu steuern ist.
Eine wichtige Rolle spielte bedauerlicherweise auch die aus ausländischen Finanzquellen finanzierte NGO AGORA Energiewende. Ob deren finanzielle Unterstützer primär die Energiewende im Sinn hatten oder eine Schwächung des deutschen Industriestandorts, sollte überprüft werden.
Dazu kommt, dass die Energiewende bezüglich des CO2-Ausstoßes pro kWh, wegen des Atomausstiegs als katastrophaler Mißerfolg zu bewerten ist. Zum Vergleich: Deutschland stößt 6 mal so viel CO2 aus als das Kernenergieland Frankreich pro poduzierter kWh Strom!
Vor kurzem erklärte Wirtschaftsweise Veronika Grimm, Deutschland solle akzeptieren, dass energieintensive Industrie das Land verlässt und stattdessen stärker auf KI und High-Tech setzen.
Diese Sichtweise ist möglicherweise die einzige Lösung, wenn man davon ausgeht, dass die Energiepreise in Deutschland nicht mehr umkehrbar sind. Das kann durchaus sein, aber:
Wir haben uns schon in vielen Bereichen in internationale Abhängigkeiten begeben, ob Verteidigung, IT, Medikamente, Halbleiter, Rohstoffe und Energie. Das bereuen wir immer mehr. Die Welt hat sich massiv geändert. Wo früher internationale Kooperation galt, oktroyiert heute der Stärkere dem Schwächeren sein Vorstellungen auf. Lieferketten werden geostrategisch genutzt, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Dieses wichtige Feld der Grundstoffe auch noch aufzugeben, wäre aus meiner Sicht fatal.
Soll künftig der Stahl für Panzer aus China kommen?
Das kann niemand ernsthaft wollen.
Es braucht eine ergebnisoffene Debatte über alle verfügbaren Energiequellen.
Auch die Frage, ob Teile der bereits im Rückbau befindlichen Kernkraftwerke zu retten wären oder ob moderne Kernenergie ein Baustein sein kann, muss wieder sachlich diskutiert werden dürfen.
Deutschland hat – im Vergleich zu den USA, China oder Australien – strukturell schlechte Voraussetzungen für erneuerbare Energien. Wir werden mit rein erneuerbarer Energie dauerhaft massiv wettbewerbsbenachteiligt sein.
Asien und die USA subventionieren massiv – wir können das nicht ignorieren.
Subventionen können nur ein Übergang sein. Wir brauchen langfristige, marktnahe Lösungen.
Deutschland muss anerkennen, dass zentrale Entscheidungen der letzten 15 Jahre falsch waren – und korrigiert werden müssen. Je früher, desto besser.
Fazit
Deutschland steht an einem Scheideweg.
Vielleicht ist es – wie die Aussagen von Veronika Grimm suggerieren – tatsächlich schon spät.
Aber möglicherweise ist noch Zeit für eine Kurskorrektur.
Die Energiewende muss ideologiefrei überprüft werden.
Denn: Deutschland verursacht 1,6 % der globalen CO₂-Emissionen, die EU 6 %.
Ohne globale Beteiligung – insbesondere China und Indien – verpufft jede einseitige europäische Anstrengung wirkungslos.
Eine Verlagerung der Produktion ins Ausland senkt die weltweiten Emissionen nicht – sie erhöht sie häufig sogar.
Wenn wir jetzt nicht handeln, riskieren wir den industriellen Kern unseres Landes – und damit unseren Wohlstand.
Die Wut, von der Barbara Resch spricht, ist berechtigt.
Aber Wut allein reicht nicht.
Wir brauchen Mut zur Kurskorrektur.
Mut, Fehler einzugestehen.
Mut, die Energiewende so umzubauen, dass sie funktioniert – wirtschaftlich, technologisch und sozial.
Deutschland kann Industrie.
Deutschland kann Innovation.
Aber nur, wenn Energie bezahlbar bleibt – und Politik wieder Verantwortung übernimmt.